Dennis Hackethal’s Blog

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Discussion about ‘David Deutsch, Unendlichkeit und weiter ...’

Email-Austausch mit einem Leser von Der Anfang der Unendlichkeit.

Jannis Hülsen ·

Lieber Dennis,

ich bin grade im Rahmen meiner Lektüre von The beginning of infinity auf das Interview von dir mit D. Deutsch gestoßen. Ich beschäftige mich selbst, aus der Gestaltung kommend, relativ praktisch mit Emergenz und Kreativität. Ich bin dabei im Spannungsfeld von Zukunftsforschung, Partizipation, Kommunikation, Coaching und Gestaltung unterwegs. Ich glaube vor Allem, dass künstlerischer Ausdruck in der Lage ist Mehrdeutigkeit zu kommunizieren-vor allem auch jenseits von Sprache. Vielleicht gerate ich deshalb immer wieder in die Nähe von Physikern, die versuchen quantentheoretische Erkenntnisse in größere Sinnzusammenhänge zu bringen (Bohm, Schrödinger, Köstler, etc,). 

Abgesehen von einem allgemeinen Interesse an einem Austausch zu den oben genannten Themen, habe ich einen konkreten Gedanken zu The beginning of infinity, zu dem ich auf deine Einschätzung wert legen würde.

Ich muss dazu sagen, dass ich mich grade mit den Bedingungen der Wahrnehmung, als Grundlage für ein Weltbild, beschäftige. Das ganze spielt peripher eine Rolle in der kritischen Zukunftsforschung, ohne dass sich darüber viele Zukunftsforscher Gedanken machen. Ich persönlich glaube, dass diese Bedingungen (also Werte, Motivationen, Glaubenssätze) einen ganz erheblichen Einfluss auf die Fähigkeit haben sich Zukunft vorstellen zu können. An dieser Stelle gibt es auch einen Link zu alternativen Realitäten und Verschwörungsnarrativen.

An dem Punkt in dem Buch wo es um die Kernpunkte des neuzeitlichen Denkens als Folge der Aufklärung geht, habe ich den Eindruck, dass dieses Denken scheinbar in der Breite (noch) nicht existiert (Kriterien für gute Erklärungen und das Wissen um die Vierläufigkeit von diesen und damit einhergehend eine Offenheit für Kritik). In der Folge des digitalen Wandels, herrscht ein fast unbeschränkter Zugang zu verschiedensten Informationen-allein im Umgang (Bewertung und Einordnung) mit diesen scheint es zu hapern. 

Das Ganze hat bei mir die Frage aufgeworfen, inwiefern das neuzeitliche Denken, das Deutsch beschreibt vll. nur in wissenschaft-communities Einzug gehalten hat (und einer interessierten Öffentlichkeit)?

Umgekehrt würde das bedeuten, dass im Sinne von Transdisziplinarität und Partizipation diese Art des Denkens vermittelt werden müsste?

Falls dich der Gedanke anspricht, freue mich von dir zu hören.

Viele Grüße

Jannis

Dennis Hackethal ·

Hi Jannis,

du hast geschrieben:

An dem Punkt in dem Buch wo es um die Kernpunkte des neuzeitlichen Denkens als Folge der Aufklärung geht, habe ich den Eindruck, dass dieses Denken scheinbar in der Breite (noch) nicht existiert […].

Ja. Man findet bei den meisten Menschen ziemlich schnell Themen, die sie absolut nicht hinterfragen wollen. Sie ueberschaetzen auch oft ihre Rationalität und sind sich selbst gegenüber in dieser Angelegenheit nicht ehrlich.

Nun zu deinen Fragen:

Das Ganze hat bei mir die Frage aufgeworfen, inwiefern das neuzeitliche Denken, das Deutsch beschreibt vll. nur in wissenschaft-communities Einzug gehalten hat (und einer interessierten Öffentlichkeit)?

Selbst in der Wissenschaft nur begrenzt. Viele Wissenschaftler verstehen nicht ganz, was sie da eigentlich tun, wenn sie Wissenschaft betreiben (s. Popper). Und wenn sie es doch verstehen, sind sie nicht unbedingt durch und durch rational. Ich zitiere aus Der Anfang der Unendlichkeit Kapitel 15:

Ohne eine kritische, differenzierte Herangehensweise an das, was sie lernen, können die meisten [Menschen] die Meme der Wissenschaft und Vernunft nicht effektiv in ihren Verstand hineinreplizieren – und so leben wir in einer Gesellschaft, in der Menschen tagsüber gewissenhaft Lasertechnik zur Zählung von Zellen in Blutproben nutzen und abends im Schneidersitz grölen, um übernatürliche Energien aus der Erde zu saugen.

Deutsch hat irgendwo mal gesagt – ich weiss leider nicht mehr, wo –, dass die Institutionen des Westens im Grunde rationaler sind als die meisten Individuen und dass wir leider gar nicht genau wissen, wie es zu diesem rationalen Charakter unserer Institutionen gekommen ist. Ein gutes Beispiel dafuer sind m. E. wohl die westlichen Rechtsinstitutionen, die zwar alles andere als perfekt sind, die aber doch gewisse rationale Grundsätze pflegen, darunter die konsequente Anwendung rechtlicher Standards.

Ich vermute, die Menschen wären ja allgemein gerne bereit, rational vorzugehen, aber sie wissen leider nicht, wie. Das liegt unter anderem daran, dass es schwierig ist, den Überblick über das Zusammenspiel von Ideen und ihren jeweiligen Wahrheitsgehalt zu behalten. Ebenso ist es schwierig, eine rationale Vorgehensweise zu wählen (Popper ist weitgehend unbekannt und der Induktivismus ist weiterhin einflussreich). Ausserdem wird seitens der Gesellschaft hoher sozialer Druck ausgeuebt, konform zu sein anstatt zu hinterfragen.

Mein Ansatz ist momentan, Werkzeuge zu bauen, die dem Menschen die konsequente Anwendung rationaler Standards erleichtern. Ich habe zu dem Thema hier etwas geschrieben und arbeite auch an einem Artikel, in dem ich versuche, Menschen dazu zu verhelfen, aus philosophischen Prinzipien Gewohnheiten zu machen, so wie man bspw. als Kind im Rahmen des Hygieneprinzips das Zähneputzen zu einer Gewohnheit macht.

Zurueck zu deiner E-Mail:

Umgekehrt würde das bedeuten, dass im Sinne von Transdisziplinarität und Partizipation diese Art des Denkens vermittelt werden müsste?

Ich tue mich mit dem Wort ‘muesste’ etwas schwer, denn es sollte Menschen ja freistehen, irrational zu sein, wenn sie dies vorziehen. Oder vielleicht liegen du und ich in unserem Rationalitaetsverstaendnis falsch und sie sind doch rational. Man kann im Grunde nur zum Diskurs einladen und sich allmaehlich vortasten. Der Fallibilist sieht es ja nicht als seine Aufgabe, andere zu bekehren, wie Popper in The Myth of the Framework schreibt.

Lass mich wissen, was du von diesen Gedanken hältst.

Dennis

Jannis Hülsen ·

Hi Dennis,

vielen Dank für deine ausführlichen Gedanken. Ich schätze sehr, dass du dir dafür Zeit genommen hast. Ich werde mir die Tage Zeit nehmen deinen Text zu lesen.

Möglicherweise erübrigen sich dann einige Gedanken. Wenn du das Gefühl hast, dann gehe einfach davon aus, dass ich das dann schon selber merke :)

Ich finde spannend, dass du das Rationale als Hebel für dich in den Fokus gerückt hast. Ich muss an dieser Stelle ggf. nochmal entschuldigend anmerken, dass ich ggf. In den Begrifflichkeiten manchmal etwas unscharf bin-ich bin mit meinem Designbackground was meine philosophischen Gedanken angeht Autodidakt.

Mich würde auf jeden Fall interessieren, was du mit der Rationalität genau meinst. 

In welchem Spannungsfeld steht das zur Objektivität? Ich kenne aus der Designtheorie die Konzepte des New Materialism, in dem die Agency von Materialien und Prozessen im Fokus stehen. Gleichzeitig beschäftige würde ich aus dem “Machen” kommend sagen, dass man als Schaffender immer Teil des Prozesses ist. Daraus entsteht meiner Meinung nach für Forschende die Frage, wie sie als Individuen (mit Emotionen, Motivationen, Werten und Glaubensmustern) damit umgehen. Es ist ja ein großer Unterschied, wenn ich an KI oder synthetischer Biologie forsche und ob ich an Determinismus oder Emergenz glaube. An dieser Stelle sehe ich auch eine große Nähe zu Zukunftsbildern (als Motivation zum Handeln) und damit verknüpft auch die Rahmenbedingungen für die Fähigkeit sich seine Welt zu bauen.

Ich hoffe du verstehst aus dieser Perspektive dein Interesse an dem Rationalen aus deiner Sicht?

Ich bin sehr interessiert an deinem Ansatz deine Gedanken auf die Straße zu bringen. Falls es dich interessiert findest du hier einige Workshopformate, in denen ich benfalls versucht habe philosophische Dilemmata intuitiv erfahrbar zu machen (z.B. Der Wert von Leben –> Thema Insekten, Haltung zu Gentechnik –> Thema Pflanze, etc.).

https://www.farming-the-uncanny-valley.net/

Lg

Jannis

Jannis Hülsen ·

Lieber Dennis,

Ich habe mir heute nochmal Zeit genommen, einige deiner Texte zu lesen. 

Ich verstehe darin das Rationale, zur Bewertung von Informationen, als kritische Selbstreflexion, mit deren Hilfe eigene Vorurteile durch einen (rationalen, vergleichbaren) Prozess hinterfragt (verstehst du das analog zu Forschung?) werden können (der Link zu dem Popper Beispiel funktioniert bei mir leider nicht).

Aus meiner Sicht steckt eine zentrale Herausforderung ( für menschliche Egos) in der Anwendung eines rationalen Vorgehens, in dem Wissen, um die Grenzen des eigenen Wissens und der Vorläufigkeit der Schlüsse (trotz Rationalität). Ich frage mich auch, wo Menschen eine Grenze bei der Anwendung dieses Denkens ziehen (Stichwort Lasertechnik und Erdkräfte)?

Wenn ich bei dem historischen Bezug zur Aufklärung bleibe, komme ich nicht umher einen Blick die weitere Entwicklung des modernen Denkens zu werfen. 

Vor Allem beobachte ich in den letzten Jahren eine Dynamik rund um die Begriffe von Freiheit und Verantwortung. Ich hatte mich im Rahmen ihres Humboldt-Buches mit Andrea Wulf über die Entstehung des Freiheitsbegriffs im Jenaer Kreis unterhalten. Sie hat das Ganze mittlerweile in ihrem letzten Buch (Fabelhafte Rebellen) sehr lebhaft und anschaulich beschrieben. Ich finde aber vor allem den in der Romantik, als Reaktion auf das Gräuel der französischen Reaktion entstandenen, Freiheitsbegriff (Emotionen, Kunst, Schönheit) einen spannenden Kontrapunkt zur Rationalität der Aufklärung.

Ich stelle mir dabei die Frage, wie man beide Erkenntnisse in einen zeitgemäßen Kontext setzen kann? Grundsätzlich finde ich es aber spannend aktuell nochmal einen Blick auf die Entstehungsdynamiken dieser Ideen zu werfen (Ab wann ist Freiheit ein Synonym für individuelle Entfaltung/Egoismus geworden, bzw. Wie kann man dem etwas gemeinschaftliches hinzufügen (ich habe dazu eine Nacherzählung von Eichendorffs Taugenichts als eine Utopie für den ländlichen Raum 2050 geschrieben, die demnächst publiziert wird)?

Ich hatte während des Lockdowns einen Braincrush auf Arthur Köstler und habe mir mehr oder weniger seine Biobliografie in einem Antiquariat um die Ecke gekauft. Ich finde, dass er ziemlich progressive Gedanken formuliert hat, die ich für sehr releant halte, die aber heute nur antiquarisch zu finden sind. 

Allen voran “Die Wurzeln des Zufalls” und “the act of creation” zielen auf diesen Zwischenraum von Rationalität und Emergenz (ich würde das im Sinne von Ordnung und Unordnung oder Sicherheit vs. Unsicherheit gegenüber stellen). Dazu schreibt er ganz spannende Reflexionen über seine eingeschränkte Weltsicht als Zugehöriger des kommunistischen Weltbildes (er beschreibt im Grunde Erfahrungen aus einer Filterblase). 

Vor dem Hintergrund der Frage, wie man sich eine kritische und kreative Weltsicht erhält, um offen für Veränderung zu sein und im Geiste des modernen Denkens zu agieren, glaube Suche ich glaube ich zunächst nach einer Balance von Rationalität und Irrationalem. Anschliessend stellt sich natürlich die Frage auf welchem Weg man Räume gestaltet und anbietet, um Menschen zu diesem Denken und Handeln zu befähigen.

Ich bin sehr gespannt wie du dich in diesem von mir skizzierten Spannungsfeld verortest und welche praktischen Erfahrungen du zu dem letzten Punkt sammeln konntest.

Viele Grüße

Jannis

Dennis Hackethal ·

Hi Jannis,

das rationale Vorgehen ist laut Popper dieses (Conjectures and Refutations, Hervorhebung im Original):

[T]here is no more rational procedure than the method of trial and error–of conjecture and refutation: of boldly proposing theories; of trying our best to show that these are erroneous; and of accepting them tentatively if our critical efforts are unsuccessful.

Dazu gehört m. E., wie ich in meinem Artikel zum Verstand als Gerichtssaal schreibe, dass man Ideen objektiv und nüchtern bewertet, also ohne Leidenschaft oder persönliche Praeferenzen. So wie ein Richter – sonst ist das intellektuelles Fehlverhalten.

Deine Definition des Rationalen nähert sich dem etwas an, allerdings sollte man in einer Definition keine Konzepte verwenden, die man definieren möchte (du beziehst dich in deiner Definition des Rationalen auf einen rationalen Prozess).

Du fragst:

Ich frage mich auch, wo Menschen eine Grenze bei der Anwendung dieses Denkens ziehen (Stichwort Lasertechnik und Erdkräfte)?

Ich vermute, dies unterscheidet sich je nach Mensch.

Zu deinen Ausfuerhungen bzgl. Rationalität vs. Freiheit: Ich wüsste nicht, wieso diese Konzepte im Widerspruch stehen sollten. Im Gegenteil scheint mir, dass irrationale Wesen nicht frei sein können, da sie ständig ihren Launen unterworfen sind.

Du siehst die Freiheit als egoistisch – vermutlich verwendest du ‘egoistisch’ hier als Schandwort; du möchtest dem etwas Gemeinschaftliches hinzufügen. Freiheit ist aber keine Eigenschaft von Gruppen, sondern von Individuen. Es steht freien Individuen jedoch natürlich frei, sich mit anderen zusammenzutun. Ich kann hier Die Tugend des Egoismus von Ayn Rand empfehlen.

Dazu schreibt er ganz spannende Reflexionen über seine eingeschränkte Weltsicht als Zugehöriger des kommunistischen Weltbildes […].

Auweia.

Du schreibst, du suchest “zunächst nach einer Balance von Rationalität und Irrationalem”. Ich weiss nicht, wie das gutgehen soll. Man kann solche Dinge – Rationalität und Irrationalität auf der einen Seite, aber auch Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Gutes und Böses etc. – nicht vermischen, ohne dass man dabei das Gute verwaessert und dem Bösen einen Vorteil verschafft. Auch hier lohnt sich die Lektüre Rands. Ich zitiere: “In any compromise between food and poison, it is only death that can win.” (http://aynrandlexicon.com/lexicon/compromise/5.html)

Wieso also nicht einfach das Irrationale ablehnen und nach dem Rationalen streben?

Uebrigens führe ich Diskussionen im sokratischen Sinne lieber oeffentlich als privat. Ich widme öffentlichen Diskussionen auch mehr Zeit als privaten. Macht es dir etwas aus, wenn ich unseren Austausch veröffentliche, gerne auch anonymisiert, wenn es dir lieber ist?

Dennis

Jannis Hülsen ·

Hi Dennis,

ich merke grade, dass mein Ausdrucksvermögen, was die Begrifflichkeiten angeht vll. Etwas schwammig ist. Du kannst den Austausch gerne (dann vll. Nochmal ein wenig geschärft) öffentlich machst. Ggf. Ist es auch pragmatisch, wenn wir uns digital oder bei Gelegenheit mal in Persona austauschen. 

In meiner Praxis versuche ich sehr praxisnah Impulse und Begleitung für Veränderung zu gestalten. Dadurch begegne ich sowohl auf individuelle psychologische Phänomene wie auch strukturellen Organisationsphänomenen.
Meine Haltung dazu ist stark geprägt von meinen Erfahrungen aus der Prozessgestaltung von und mit biologischen Systemen (Mikroorganismen, Pflanzen). Ich denke, dass es intrinsischen Gestaltungswillen gibt, der durch Werte, Motivationen etc. Geprägt ist, den man bewußt nutzen kann. Auf der anderen Seite ist es eine Herausforderung für Organisationen unerwartetes und neues aufzunehmen. Mit diesen beiden Baustellen beschäftige ich mich sehr praktisch.
Gleichzeitig bin ich teilweise Teilnehmer und Beobachter wissenschaftlicher Diskurse verschiedener Disziplinen (zukunftsforschung, Wisskomm, Bioökonomie, Designforschung, Partizipation, Transformationsforschung, Digitaler Wandel etc.) und sehe immer wieder Ähnlichkeiten in den Diskursen. Es tauchen die selben Fragestellungen und Problemstellungen auf (interdisziplinäre Vernetzung, Wissenstransfer in die Praxis).

Am Ende sind es sehr basale philosophische Fragen, die meinem Empfinden nach den zentralen Herausforderungen zugrunde liegen. Das ist auch meine Motivation mich mit verschiedenen Texten zu beschäftigen.

Ich glaube ein zentraler Aspekt (den ich versucht habe mit dem Gegensatz rational/irrational versucht habe zu fassen) ist glaube ich die Offenheit dem ungeplanten gegenüber. Das ist ja auch ein zentraler Kritikpunkt am Digitalen (ein binäres Prinzip, das Entscheidbarkeit suggeriert/1 oder 0-genauso KI Logik)
 Ich habe in einem anderen Kontext einmal versucht einen Prozess des Suchens, wenn man nicht weiß wonach man sucht, im Prinzip einen kreativen Prozess, versucht methodisch zu beschreiben und habe festgestellt, dass konkrete Sprache, den Prozess gekillt hat. https://medium.com/@matterandmeta/the-vague-space-ba4094659cf3

Vielleicht setze ich aus dieser Erfahrung das Rationale mit dem Konkreten/Geplanten/Sicheren gleich, oder lese darin Anlagen von Verwaltungshandeln o.ä. Die Verknüpfung von der ich schrieb bezieht sich auf die Möglichkeit Offenheit/Ergebnisoffenheit mit Organisations/Verwaltungsstrukturen zu verknüpfen (Ich sehe viel spannendes Engagement, das leider häufig von Kommunen/Förderpolitik etc. Ignoriert bis verhindert wird/ich finde es auch absurd in Forschungsanträgen, zumindest in GER, das Ergebnis aus einem Sicherheitsbedürfnis vorweg nehmen zu müssen). Das zu dem Spagat zwischen den Polen (insofern würde ich das auch komplett wertfrei sehen).

Bei mir findet aber grade eine Verschiebung des Verständnisses von Rationalität statt. Trial and Error, das Prototypische und Iteration hätte ich vorher nicht zwingend mit Rationalität verknüpft. Der historische Bezug, der mich gereizt hatte, zielte auch auf den Kontext auf, aus dem heraus der Freiheitsbegriff entstanden ist (der von dir aufgemachte Rationalitätsbegriff ist ja auch nicht gleichzusetzen mit den Idealen der Aufklärung, der anschliessenden historischen Entwicklung und den ganzen lebensweltlichen Entwicklungen, gegen die die Romantiker rebelliert haben). Dennoch formulieren Romantiker ja den Wunsch Gefühl und Verstand, oder Wissenschaft und Kunst zu verknüpfen.

Der (egoistische) Freiheitsbegriff, den ich formuliert habe, rührt aus einer Reihe von Workshoperfahrungen, in der häufig der Wert der persönlichen Freiheit über dem von anderen Menschen, Tieren, oder Pflanzen/Ökosysteme gestellt wurde. Ich denke, dass diese Einstellung gemeinschaftlichem Engagement entgegensteht und Menschen daran hindert Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen.

Zu Köstler gibt es hier ein ganz unterhaltsames Interview, wo er kurz vor der Veröffentlichung zu “The Act of creation” spricht:

https://www.youtube.com/watch?v=593htkJtbdw

Ich hoffe, dass die Erläuterungen helfen meinen Antrieb und Denkweg auszuleuchten.
Ich bin weiterhin sehr interessiert, auf welchem Weg du rationales Denken gedenkst zu vermitteln?

Dir ein schönes Wochenende,

Viele Grüße

Jannis

Dennis Hackethal ·

Hi Jannis,

ich finde es spannend, wie du beschreibst, dass der Versuch, den kreativen Prozess methodisch darzustellen, diesen “gekillt” hat. Das ist eine ganz wichtige Popper’sche Einsicht, die die KI-Forschung bis heute noch nicht verstanden hat.

Sicherlich ist es allerdings richtig, wenn du schreibst, dass du damit wohl das Rationale dem “Konkreten/Geplanten/Sicheren” gleichsetzt. Das Popper-Zitat skizziert ja nur grob den Prozess; er versucht nicht, im Detail eine kreative Methode niederzuschreiben, die garantiert zu bestimmten Resultaten führt. Allein das Wortpaar ‘kreative Methode’ ist irgendwo ein Widerspruch in sich. Insofern denke ich schon, dass sein vorgeschlagenes Vorgehen (also Vermutungen und Widerlegungen) weiterhin ein rationales ist, insbesondere aufgrund der Ergebnisoffenheit dieses Vorgehens.

Allerdings kann der Mensch natürlich auch irrational sein – eine umfassende Theorie des Verstandes muss also natürlich sowohl den rationalen wie auch den irrationalen Verstand erklären. Dazu habe ich hier mehr geschrieben. Übrigens finden sich auch in meinem Vorwort zu Der Anfang der Unendlichkeit Gedanken zu diesem Thema (da du in deiner ersten E-Mail auf den englischen Titel verwiesen hast, gehe ich davon aus, du liest das Buch auf Englisch).

Mich interessiert an dieser Stelle, inwiefern Poppers Rationalitätsbegriff Aufklärungsidealen widerspricht. Vermutlich spielst du hier auf empiristische Rationalitaetskonzepte an, die Popper ablehnt?

Der (egoistische) Freiheitsbegriff, den ich formuliert habe, rührt aus einer Reihe von Workshoperfahrungen, in der häufig der Wert der persönlichen Freiheit über dem von anderen Menschen, Tieren, oder Pflanzen/Ökosysteme gestellt wurde. Ich denke, dass diese Einstellung gemeinschaftlichem Engagement entgegensteht und Menschen daran hindert Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen.

Nun, ich war bei diesen Workshops nicht dabei. Ich finde allerdings nicht, dass Tiere oder Pflanzen einen moralischen Wert haben. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass Tiere ein Bewusstsein haben oder leiden können; Pflanzen sowieso nicht. Bezüglich anderen Menschen gilt natürlich der alte Grundsatz, dass meine Freiheit da aufhört, wo deine beginnt. Dieser Grundsatz hat jedoch viele zu dem Irrglauben verleitet, es gebe zwangsläufig Konflikte zwischen freien Menschen. Es gibt allerdings, wie Ayn Rand in ‘The “Conflicts” of Men’s Interests’ erklaert, keine solchen Konflikte zwischen rationalen Menschen. Dies ist ein weiterer Zusammenhang zwischen Rationalität und Freiheit. Es stimmt also nicht, dass der egoistische Freiheitsbegriff “gemeinschaftlichem Engagement entgegensteht und Menschen daran hindert Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen.” Das Gegenteil ist der Fall: Kollektivisten scheuen sich oft vor Verantwortung und ziehen Ausschussentscheidungen vor, wohingegen freie Menschen damit verglichen gerne Verantwortung übernehmen und sich freiwillig zusammentun können, wie sie es bspw. beim Handel und bei Freundschaften bereits tun. Nur in einer freiwilligen Gemeinschaft kann das Zusammensein einen moralischen Wert haben, und sicherlich ist der Kapitalismus das beste System, wenn es um Eigenverantwortung geht (im Gegensatz zur erzwungenen Sozialversicherung etc.).

Zu deiner Frage, wie ich versuchen werde, rationales Vorgehen zu vermitteln. Schade, dass der Link für dich nicht funktioniert. Ich werde mich mit diesem technischen Problem beschäftigen, hatte sowieso vor, die Seite nochmal etwas anders zu gestalten. Aber im Grunde würde das so funktionieren: Du schreibst als Nutzer etwas (bspw. eine Vermutung, eine Kritik), was dann andere Nutzer kritisieren oder widerlegen können. Die Seite zeigt dann an, wie viele Widerlegungen noch ausstehen. Wenn du alle Widerlegungen widerlegst, oder es noch gar keine gibt, gilt die ursprüngliche Vermutung vorläufig als wahr. So entsteht ein Diskussionsbaum, eine Art Wörterbuch von Ideen. Ich sehe darin eine programmatische Verwirklichung/Implementierung des rationalen Vorgehens, wie Popper es vorgeschlagen hat. Insbesondere bin ich der Meinung, dass die Zusammenhänge zwischen Ideen oft viel zu komplex sind, als dass man sie sich merken könnte; dass Menschen also nicht glauben sollten, sie seien in der Lage, solche komplexen Sachverhalte im Kopf zu lösen. So wie sie bei schwierigeren Matheproblemen zum Taschenrechner oder zumindest nach Zettel und Stift greifen, sollten sie bei Diskussionen meine Website verwenden und den Wahrheitsstatus einer Idee einfach nachschlagen.

Entsprechend ziehe ich es auch vor, unsere Diskussion weiterhin schriftlich zu führen, wenn es dir recht ist.

Dennis

PS: Unsere Diskussion ist jetzt hier öffentlich sichtbar und ich werde den weiteren Verlauf dort veroeffentlichen.

Jannis Hülsen ·

Hi Dennis,

ich finde ganz spannend, wie das Posting-Layout das Lesen und die besprochenen Themen verändert :) 

Meine ursprüngliche Motivation dir zu schreiben, war ja die Annahme, dass uns in der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen (Wahrheitsfindung, Klima, Frieden, Biodiversität, Verantwortungsvolle Nutzung von Technologien, …),  das von D. Deutsch beschriebene neuzeitliche Denken, helfen kann.

Mich hatte an diesem Denken vor allem gereizt, was Deutsch als “tradition of criticism” bezeichnet und worin ja durch die Annahme einer Vorläufigkeit von Erklärungen/Theorien ja eine Offenheit angelegt ist. Daran anknüpfend sehe ich noch eine Relevanz in dem Spannungfeld von Neugierde sich dem Kern der Dinge zu nähern und der Versuchung Erklärung mit Berechenbarkeit zu ersetzen zu widerstehen. 

Das sind ja zwei zentrale Aspekte, die hier auftauchen:

  1. Prozess der Wahrheitsfindung
  2. Prozess/Bedingungen für Erkenntnisgewinn (aka Wissenschaft)

Diese Themen verändern sich grade, weill durch Internet, social media, KI und co, der Zugang zu Wissen gesteigert wird und die Geschwindigkeit des Austauschs gesteigert wird.

In diesem Kontext hast du den Begriff der Rationalität ins Spiel gebracht. An diesem Begriff hängen eine differenzierte und kritische Herangehensweise an eigene Lern- (Forschungserkenntnisse). (Auf den Punkt der Rationalität von Organisationen sind wir nicht näher eingegangen).

Darüber sind wir zu dem (nicht-)spannungsfeld von Rationalität und Kreativität gekommen:
Du hattest an der Stelle Poppers Beschreibung ins Spiel gebracht: [T]here is no more rational procedure than the method of trial and error–of conjecture and refutation: of boldly proposing theories; of trying our best to show that these are erroneous; and of accepting them tentatively if our critical efforts are unsuccessful.

Deine Popper Zitate hat mich motiviert in Popper/Eccles “Mein Gehirn” nochmal in die Hand zu nehmen und meine Notizen dazu anzuschauen. Popper kommt da zu dem Schluss, dass Emergenz eine Eigenschaft von Leben ist, die unter Selektionsdruck entsteht. Er handelt das am Beispiel von Bewußtsein von Lebewesen ab (hier gibt es im Übrigen auch spannende Überlegungen zu Protobewußtsein von Pflanzen und Tieren. Er beschreibt dort im übrigen einen, aus seiner Sicht wahrscheinlichen, graduellen Übergang von pflanzlichen, menschlichen und tierischem Bewußtsein, die die Frage, ob Tiere, Pfanzen einen moralischen Wert haben, Schmerzen empfinden können, etc. nochmal beleuchtet–> Eccles/Popper, S.54 - In meiner letzten Mail meinte ich in Bezug zu unserer Haltung Natur gegenüber, übrigens die Haltung von Teilnehmenden der Workshops, die eine andere Argumentationsebene zu Bewertung von Biotechnologie aufmacht. Teile des Überlegungsprozesses findest du hier)

Ich finde die Verknüpfung von Rationalität und Freihet/Verantwortung auf jeden Fall spannend (und ich interpretiere da mal herein, dass du diese Brückenfunktion in dem Rationalitätsbegriff siehst?) 
“Es gibt keine solchen (Egoismus und Freiheit) Konflikte zwischen rationalen Menschen.”
Ich versuche das einfach mal am Paradebeispiel Klimawandel und Ressourcennutzung durchzuspielen. In diesem Kontext entstehen ja genau diese Art von Konflikten. Würde das bedeuten, dass diese durch ein rationales Denken dieser Menschen gelöst würden? Für mich scheint die individuelle Definition von Freiheit eine Rolle zu spielen, an die vor allem auch das Empathievermögen der Handenden anknüpft: Ich muss mir ja vorstellen können, wie jemande (oder etwas Abstrakteres wie Tiere, Ökosysteme, etc.) Grenzen empfinden. Das meine ich mit “egoistisch”. 
Dazu kommt glaube ich auch noch soetwas wir Trends und Rollenvorbilder als Handlungsmotivation, die bestimmte Erwartungshaltungen erzeugen, die aktuell sehr individualistisch geprägt sind. Diese Perspektive basiert auf Teilen auf der systemischen Holon-Theorie: Also wir sind gleichzeitig Teil von etwas Größerem und Kleinerem (Selbst, Familie, Dorf, Stadt, Land,…) und haben deshalb immer einen Blick aufs Innen und Aussen. In dieser Metapher gesprochen (mit Blick auf gemeinschaftliches Engagement) gibt es da bei vielen aus diversen Gründen ein Ungleichgewicht. Daran schliesst sich dann natürlich die Frage an, wie Organisation gestaltet sein kann, um beiden Dynamiken Rechnung zu tragen.

Zu deiner Idee: Ich verstehe deine Beschreibung als Mindmap mit einer binären Bewertungsfunktion, die durch eine inhaltliche Kritik möglich wird? Nutzt du dort absichtlich Spielelemente (Frage wegen der tielgruppe)? –> Also, dass man Herausgefordert wird, seinen Argumentationsbaum “sauber” zu halten/zu verteidigen? Mich interessieren noch zwei Fragen:

  1. Welche Art von Inhalten hast du für die Nutzung im Kopf? (Ich kann mir hier vorstellen, vor dem Hintergrund, dass es darum geht die Denklogik zu verstehen, auch spielerische/irrationale oder blödsinnige Hypthesen/Annahmen zu forcieren?
  2. In welchem Setting sollen Inhalte entstehen/was ist der Impuls, das Tool zu nutzen?

So sehr ich die neue Leseerfahrung schätze, umso lei9ichter fällt es mir Gedanken in meinem Mailprogramm zu formulieren. Entschuldige also, dass ich dir weiterhin per Mail antworte.

Viele Grüße

Jannis

Dennis Hackethal ·

Hi Jannis,

Mich hatte an diesem Denken vor allem gereizt, was Deutsch als “tradition of criticism” bezeichnet und worin ja durch die Annahme einer Vorläufigkeit von Erklärungen/Theorien ja eine Offenheit angelegt ist.

Ich glaube, diese Ideen gehen auf Popper zurück, nicht Deutsch.

Du beschreibst den Prozess bzw. die “Bedingungen für Erkenntnisgewinn” als synonym (“aka”) mit “Wissenschaft”. Ich würde das etwas allgemeiner fassen: Es gibt Bedingungen für den Erkenntnisgewinn jeglicher Art (philosophischer, kuenstlerischer, wissenschaftlicher Art etc.); eine Kernbedingung ist sicherlich die kritische Einstellung sowie die kritische Tradition. Ich kenne kein Gebiet, auf dem das anders ist. Ganz selten erfolgen Entdeckungen und Fortschritte mal durch Zufall, aber selbst dann muss man für diese Entdeckungen offen sein, sie als solche erkennen, entgegen sozialer Tabus die Augen vor diesen Entdeckungen nicht verschliessen usw.

Die Gedanken von Popper zum Thema Tierbewusstsein kenne ich im Groben – habe ich vor Jahren gelesen, auch ein Gespräch mit Eccles. Ich glaube, er hat hier gewisse Fehler gemacht, u. a. den von dir genannten “graduellen Übergang”. Popper konnte nicht programmieren; Deutsch ist hier m. E. der bessere Anhaltspunkt, und meine Schriften zu dem Thema gehen diese weiterverbreiten Formen von Irrglauben ja bereits an. Ich empfehle also wie gesagt die Lektüre dieser Schriften.

Ich finde die Verknüpfung von Rationalität und Freihet [sic]/Verantwortung auf jeden Fall spannend (und ich interpretiere da mal herein, dass du diese Brückenfunktion in dem Rationalitätsbegriff siehst?)

Ich verstehe die Frage nicht.

“Es gibt keine solchen (Egoismus und Freiheit) Konflikte zwischen rationalen Menschen.”

Du verwendest hier Anführungszeichen, das ist aber kein Zitat von mir – ich hatte das so nicht geschrieben.

Auch zu deiner Frage bzgl. Konflikten in puncto Klimawandel und Ressourcennutzung empfehle ich wie gesagt die Lektüre des genannten Aufsatzes von Rand. Das Thema wurde ja bereits behandelt. Auch das von Libertären oft erklärte Konzept der externalities waere hier wahrscheinlich eine Lektüre wert. Probleme wie der Klimawandel koennen in einer freien Gesellschaft gelöst werden, ohne dass auf dem Individuum rumgetrampelt werden muss.

Deinen Eindruck, aktuelle Trends und Rollenvorbilder seien “sehr individualistisch geprägt”, teile ich nicht. Individualistisch würde bedeuten, dass die Grenzen und Rechte des Individuums respektiert werden. Du kannst ja mal Menschen in der Fußgängerzone fragen, ob es Bürgern freistehen sollte, keine Steuern zu zahlen. Oder ob Kinder vielleicht doch nicht in die Schule gezwungen werden sollten. Die meisten werden dich schräg anschauen.

Daran schliesst sich dann natürlich die Frage an, wie Organisation gestaltet sein kann, um beiden Dynamiken Rechnung zu tragen.

Ich erkenne hier zwischen den Zeilen wieder ein vermeintliches Spannungsverhältnis zwischen Individuum und Gruppe. Das gibt es in einer freien Gesellschaft nicht. Dieses Konzept ist leider ganz heimtueckisch, weil es am Ende immer zugunsten des vermeintlichen Kollektivs (also mancher Individuen) und zu Kosten anderer Individuen ablaeuft. In einer freiwilligen Gesellschaft hingegen sind Zusammenschluesse und Transaktionen hingegen entweder fuer alle Involvierten von Vorteil oder sie finden gar nicht erst statt.

Zu meiner Idee: Eine Mindmap ist es irgendwo, ja, ich sehe es wie gesagt als Baum. Ich spiele gerade mit einer ternären Bewertungsfunktion: Eine Idee ist entweder 1. kritikfrei, 2. kritisiert oder 3. widerlegt. (Eine Widerlegung ist eine bestimmte Art von Kritik, die erklaert, warum eine Idee nicht stimmen kann, also falsch sein muss, wohingegen andere Kritik offener ist, bspw. Kritik bzgl. Rechtschreibfehlern oder fehlenden Tatsachenmaterials, die jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass eine Idee falsch sein muss.)
Und ja, dass man den Baum sauber halten muss, ist absichtlich.
Ich habe dabei keine bestimme Art von Inhalten im Kopf. Es kann im Grunde jeder alles schreiben, was er will, solange es nicht illegal oder hoechst unmoralisch ist. Und selbst dann koennte man stattdessen diskutieren, ob es nicht doch legal oder moralisch ist. Forcieren will ich allerdings nichts.
Du fragst, “was ist der Impuls, das Tool zu nutzen?” Der Impuls ist hoffentlich die Wahrheitssuche. Manche werden das Tool jedoch verwenden, um ihre Idee gegen die Wahrheit zu verteidigen. Aber wenn das Tool funktioniert, wird die Wahrheitssuche daran nicht scheitern. Ich moechte auch, dass Menschen die Gewohnheit entwickeln, den Stand von Ideen nachzuschlagen anstatt jede bspw. politische Diskussion wieder von vorne anzufangen, wo diese Themen doch bereits hundertfach diskutiert wurden.

Das neuzeitliche, aufgeklärte Denken, das du in deiner ursprünglichen E-Mail ansprichst, wird durch dieses Tool hoffentlich gefördert und erleichtert. Der über die Zeit hinweg wachsende Baum stellt damit die kritische Tradition dar, die dich interessiert. Wenn du möchtest, kann ich dich informieren, sobald das Tool bereit ist, und dann koennen wir es zusammen ausprobieren.

Viele Gruesse
Dennis

Jannis Hülsen ·

Lieber Dennis,
dank dir für die vielen Literaturverweise, ich werde sie mir anschauen.
Anbei übersende ich dir nochmal zwei Erläuterungen zu den mir wichtigsten Punkten, bei denen ich das Gefühl habe, dass mein Ausdrucksvermögen noch nicht präzise genug war.

Zu der Gestaltung von Organisation als auch zu Freiheit, Verantwortung und Rationalität:
Mir begegnen in unterschiedlichen Rollen (Projektleiter/Initiator, Berater, Auftragnehmer, Lehrender) auf der einen Seite immer wieder bewundernswerte Initiativen zu unterschiedliche Themen, die aber immer wieder versanden und auf der anderen Seite sehe ich Ausschreibungen für Förderungen derselben Inhalte, die ebenfalls keine Wirkung entfalten, weil sie keine motivierten Leute erreichen. Ich frage mich also wie die Organisation einer Hochschulverwaltung, Stadtverwaltung oder eines Ministeriums (mein Erfahrungsraum bezieht sich hier auf deutschland) gestaltet sein muss, damit sie offen für Impulse von Aussen sein kann?
(Siehe z.b. kostlers holon Idee als impulsbeispiel: https://de.wikipedia.org/wiki/Holon#:~:text=Der%20Begriff%20Holon%20(von%20griech,ist%20eine%20eigenständige%20allgemeine%20Systemtheorie.)
Ich würde das glaube ich nicht als Spannungsfeld, sondern als Membran/Übergangsbereich bezeichnen.

Zu deinem Tool bin ich auf erste Erfahrungsberichte gespannt. Mich würde auf jeden Fall interessieren, wie du vor hast, das Tool in die breite zu streuen und Nutzer:innen zu gewinnen.

Viele Grüße

Jannis

Dennis Hackethal ·

Hi Jannis,

ich glaube, ich verstehe jetzt besser, wonach du fragst. Die Frage gilt wohl, wenn ich sie richtig verstehe, sowohl für Organisationen als auch für Individuen. Obwohl ich zugebe, dass ich den Bezug auf das sog. Holon noch nicht verstehe – den Wikipedia-Artikel habe ich jedoch gelesen.

Koennte man die Frage erkenntnistheoretisch vielleicht auch so formulieren: Wie kann man einen Dickkopf in jemanden verwandeln, der offen für Kritik ist?

Oder verwandle ich deine Frage damit in etwas, was du nicht meinst?

Mein Tool würde ich wahrscheinlich erstmal auf Twitter, Product Hunt und Hacker News bewerben. Vom ‘Gendern’ halte ich übrigens nichts, das nur am Rande.

Gruss
Dennis

Jannis Hülsen ·

Hi Dennis,

Organisationen bestehen ja aus Individuen, genauso sind Individuen Teil von Organisationen-diese Überschneidung ist der Link zu der Holon-Idee.
Wenn ich von eine Familie als kleines Beispiel nehme, dann kommt es ja auch zu Spannung, wenn es ein Ungleichgewicht zwischen Innen und Aussen gibt. Habe ich nur die Beziehung zu Kind(ern) und Partner/Eltern im Fokus, schadet es mir selber. Wenn ich den Fokus zu stark auf mich selbst lege, leiden die Beziehungen im System.

Die erkenntnistheoretische Frage würde ich vielleicht so formulieren: Wie schaffe ich ein motivierendes Angebot zu lernen?
Ich denke, dass für einen Lernprozess Neugierde und Offenheit notwendig ist. Ich glaube aber auch, dass man helfen kann eine Motivation zu stärken, die Erkenntnis aber intrinsisch reifen muss.

Entsprechen die User der von dir anvisierten Plattformen der von dir gewünschten Zielgruppe?

Lg

Jannis

Dennis Hackethal ·

Wie schaffe ich ein motivierendes Angebot zu lernen?

Da fehlt wohl ein Wort; ich bin verwirrt.

Meinst du ‘Wie schaffe ich es, ein motivierendes Angebot zu lernen’?

Oder meinst du ‘Wie schaffe ich ein motivierendes Angebot, das andere lernen wollen’?

Entsprechen die User der von dir anvisierten Plattformen der von dir gewünschten Zielgruppe?

Ich denke schon – sie wären zumindest kein schlechter Ausgangspunkt.

Dennis

Jannis Hülsen ·

Hi dennis,

es soll heißen:

Wie schaffe ich ein motiverendes Lernangebot?

Lg
J

Dennis Hackethal ·

Vermutlich indem du darstellst, wie das Lernangebot die Probleme deiner Zielgruppe löst.

Dennis

Jannis Hülsen ·

Ich würde Lernangebot ein wenig abstrakter formulieren. Ich würde das Lernangebot eher als Erfahrungsraum beschreiben: https://www.farming-the-uncanny-valley.net/experience-space

Lg
J

Dennis Hackethal ·

Hi Jannis,

ich habe den Artikel gelesen. Wenn du gerne meine Hilfe bei der Gestaltung von Lernangeboten haben möchtest, fällt das in den Bereich der Beratung. Das ist nicht billig, koennen wir aber gerne machen.

Dennis

Jannis Hülsen ·

Hi dennis,
Habe grade kein bedarf, aber gut zu wissen.

Lg
J

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  • Jannis Hülsen

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